9. Dezember 2016

Ich bin Milchbäuerin und liebe meinen Beruf

Die Milchwirtschaft ist ganz und gar nicht mehr eine reine Männerdomäne

Katrin Carl beweist, dass die Milchwirtschaft keine Männerdomäne mehr ist. „Familie und Beruf sind im meinem Job sogar sehr gut vereinbar“, meint die ausgebildete Agrarbetriebswirtin, die zusätzlich einen Bachelor of Science in Agrarwirtschaft vorweist. Dass es aus wirtschaftlicher Sicht durchaus eine Herausforderung ist, heutzutage einen Milchviehbetrieb zu führen, streitet die 33-Jährige ganz und gar nicht ab. Aber die Leidenschaft für ihre Arbeit überwiegt.

Zusammen mit ihrem Mann und ihren zwei kleinen Töchtern, Lara und Anina, lebt sie im idyllischen Mesmerode, etwa 30 km von Hannover entfernt. Den Milchviehbetrieb „Widdel und Carl“ führt sie gemeinsam mit ihren Eltern. Es ist ein Familienunternehmen in der 8. Generation.

Täglich kümmert sich die Familie, unterstützt von zwei Auszubildenden und einem Berufskollegen, um130 Kühe und die weibliche Nachzucht. Neben der Milchviehhaltung werden noch 100 Hektar Ackerbau, 50 Hektar Dauergrünland sowie ein Hektar Blumen zum Selberschneiden, bewirtschaftet.

Sie haben einiges ausprobiert, bevor Sie Landwirtin geworden sind….

„Das stimmt. Ich habe Praktika im Labor und im Handel gemacht, aber gemerkt: das ist nichts für mich. Ich wollte mit der Natur und in der Natur arbeiten. Und ich wollte vor allem mit Tieren arbeiten. Außerdem kann ich auf diese Weise meine Zeit sehr gut einteilen: Ich spreche mich mit meiner Familie ab und habe so Freiräume, die man als Angestellte wohl nicht hat. Zeit für meine Kinder zu haben, ist mir wichtig. Hier, auf dem Hof, kann ich beides miteinander verbinden. Außerdem ist es ein gutes Gefühl, Nahrungsmittel für viele andere Menschen herzustellen“.

katrin-carl-foto2Eine förmliche Liebeserklärung an ihren Beruf…

„Auf jeden Fall. Ich liebe die Arbeit im Freien und den täglichen Umgang mit den Tieren. Ich kenne jedes Einzelne sehr gut. Es ist schon eine sehr enge Beziehung da: Man begleitet und pflegt die Tiere praktisch vom Augenblick der Geburt an. Es ist schon sehr schwer, wenn ein Tier abgehen muss, aber man muss auch die wirtschaftliche Seite sehen. Das ist einfach so und gehört leider dazu.“

Wie außergewöhnlich ist es, als Frau diesen Beruf zu wählen?

„Ich kenne viele Landwirtinnen. In unserer Dorfgemeinschaft gibt es drei Milchviehbetriebe – und, jetzt werden Sie staunen: Alle drei werden von Frauen gemanagt.

Es ist in meinen Augen auch ganz und gar nicht mehr zeitgemäß, von einer Männerdomäne zu sprechen.

Jeder muss jedoch selbst wissen, ob man diesen Weg wählt. Einfach ist es nicht und gewisse Opfer müssen erbracht werden. In manchen Monaten ist die Entlohnung auch unter dem Mindestlohn. Man muss den Job schon lieben und leidenschaftlich überzeugt sein, diese Arbeit machen zu wollen. Sonst funktioniert es nicht – aber das ist ja in allen Berufen so.“

katrin-carl-foto3Und das Familienleben?

„Das geht, wenn alle mitziehen. Meine Eltern, mein Mann, meine Schwiegereltern – alle helfen mit und springen ein, wenn Not am ‚Mann‘ ist. Wir leben mit vier Generationen vor Ort. Also auch meine Großeltern. Die helfen täglich mit den Kindern. Es ist ein ‚Hand-in-Hand-Arbeiten‘.

Besonders schön ist auch, dass ich die Kinder so gut in meinen Arbeitsalltag einbeziehen kann. Die Kleinste ist sehr oft dabei – sie hat sogar eigens einen ‚Stall-Kinderwagen‘, den ich gegen den ‚Ausgeh-Kinderwagen‘ tausche, bevor wir auf den Hof gehen…damit wir zum Beispiel beim Kinderarzt keinen Ärger bekommen und gerümpfte Nasen sehen. Die Ältere liebt es draußen auf dem Hof zu sein und zu helfen. Sie hat sogar ihre eigene Lieblingskuh, um die sie sich kümmert. Viele kennt sie beim Namen.“

katrin-carl-foto-4Wenn Sie sich etwas wünschen dürften, was wäre es?

„In erster Linie hat meine Familie Priorität und daher wünsche ich mir, dass wir alle gesund bleiben und es uns gut geht. Mit Blick auf den Betrieb wünsche ich mir, dass es wirtschaftlich gut läuft und wir langfristig wachsen können. Dazu gehört auch die Modernisierung des Betriebs unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit und Effizienz. Es ist da so Einiges geplant für die nächste Zeit.“