23. Dezember 2016

Ich bin Milchbäuerin und liebe meinen Beruf

Die Milchwirtschaft ist ganz und gar nicht mehr eine reine Männerdomäne

Maren Boltes hat ihren Traumberuf gefunden. Trotz durchaus manchmal auch körperlich anstrengenden Arbeiten und langen Arbeitszeiten, schwärmt die 23-Jährige für ihren Beruf. Reine Knochenarbeit, so wie noch vor 40 oder 50 Jahren, sei die Landwirtschaft schon längst nicht mehr. Sie schätzt es, dass man in ihrem Job gewisse Freiräume hat, was die Tagesorganisation anbelangt. Nur die Melkzeiten sind fest, ansonsten ist die Arbeit sehr abwechslungsreich und wird im Familienverband erledigt.

Maren hat zunächst eine Ausbildung zur Landwirtin abgeschlossen. Es folgte ein Praxisjahr auf dem eigenen Hof und ein Jahr Fachschule in Oldenburg. Seit Sommer 2015 ist sie auf dem elterlichen Hof fest angestellt. Der Milchviehbetrieb der Boltes liegt im schönen Niedersachen in der Stadt Oldenburg. Zusammen mit ihren Eltern, Dirk und Meike, sowie ihrer älteren Schwester Tanja, die auch Landwirtin von Beruf ist, bewirtschaftet sie rund 85 Hektar und melkt täglich 120 Milchkühe. Seit Juni 2016 nutzt die Familie die Stadtnähe ihres Hofes für eine eigene Milchtankstelle. Frische Milch kann direkt aus einem Automaten gezapft werden, was bei den Kunden sehr gut ankommt.

Frau Boltes, wie sieht Ihr Arbeitstag aus?

„Mein Arbeitstag beginnt um viertel nach fünf Uhr. Das Melken dauert rund zwei Stunden. Nachdem alle Tiere gefüttert und versorgt sind, frühstücken wir. Dann geht’s wieder ab nach draußen. Im Stall müssen die Strohboxen eingestreut oder neugeborene Kälber angemeldet werden. Zwischen März und Oktober liegen auch viele Feldarbeiten an, wie zum Beispiel das Grasmähen, die Gülleausbringung sowie die Ackerland-Bearbeitung. Gegen zwölf ist bei uns Mittag, genau wie beim Frühstück sitzen wir immer alle an einem Tisch und besprechen, was am Tag so passiert ist oder noch passieren soll. Um 14 Uhr geht’s dann wieder los. Wenn mal sehr viel ansteht, fällt die Mittagspause auch mal kürzer aus. Allerdings denken wir uns auch, dass man sich die Pause gönnen sollte, zumal wir auch recht früh aufstehen. Um 16 Uhr stehen das Melken, die täglichen Arbeiten und das Reinigen und Auffüllen der Milchtankstelle an. Zwischen halb sechs und sieben Uhr läuten wir dann den wohlverdienten Feierabend ein. Also, der Tag ist eigentlich recht strukturiert – jedoch teilen wir uns die Zeit zwischen den Melkzeiten auch selber ein.“

Was sagen Sie zu dem Klischee „Milchwirtschaft gleich Männerdomäne“?

„Ich denke, dieses Klischee ist langsam wirklich veraltet! Ich kenne so viele junge Mädels, die aktiv in der Landwirtschaft sind und bei denen es einfach wie bei mir ein Traumjob ist. Und es werden auch immer mehr. Die Landwirtschaft ist zwar ein anstrengenderer Beruf, was Arbeitszeit und einige Arbeiten angeht, aber lange nicht mehr so eine Knochenarbeit wie vor 40 oder 50 Jahren. Also jeder sollte das machen, worauf ‚er‘ oder ‚sie‘ Lust hat!

Viele junge Menschen schreckt genau das ab: Arbeit von morgens bis abends, kaum Freizeit, wenig Privatleben…

„Ich muss zugeben, es ist manchmal gar nicht so einfach! Allerdings hat sich mein Privatleben ziemlich gut dem Arbeitsalltag angepasst. Zudem muss man sagen, dass auch meine Arbeit ein Hobby ist. Es gibt nichts Schöneres, als im Sommer noch bis abends um zehn auf dem Schlepper zu sitzen und einfach seine Ruhe zu haben. Zu den Hobbys zählt bei mir auf jeden Fall die Landjugend. Ich bin in der Landwirtschaftlichen Interessens Gemeinschaft Wesermarsch Süd. Diese Landjugend zeichnet sich dadurch aus, dass wir zwei Mal im Monat einen landwirtschaftlichen Betrieb besichtigen und danach in geselliger Runde zum Schnacken zusammensitzen. Diese Veranstaltungen sind immer abends, da wir dort zumeist mit Landwirten zusammensitzen, die alle den Tag ähnlich getaktet haben. Also Hobbys sind auf jeden Fall möglich! Nur im Sommer muss man auch mal damit rechnen, dass man nicht überall dabei sein kann. Wenn also die Feldarbeiten anstehen, die auch mal etwas mehr Zeit beanspruchen.“

…nicht zu vergessen: die Kühe…

„..unsere Kühe sind natürlich der Mittelpunkt! Wenn es unseren Tieren nicht gut geht, geht es uns auch nicht gut. Unsere Tiere sind unsere wichtigsten Mitarbeiter und deshalb müssen wir dafür sorgen, dass es ihnen an nichts fehlt. Dafür stehen wir schließlich von morgens bis abends oder auch mal nachts im Stall und kümmern uns so gut und viel es geht.“

Klimaschutz und Nachhaltigkeit auch in anderen Bereichen wird immer wichtiger. Was ist Ihr Beitrag dazu?

„Wir halten uns natürlich immer an die Richtlinien und Werte, die uns vorgegeben werden. Zum Beispiel ist die Gülleausbringung oft in Verruf. Unsere Böden werden einmal im Jahr nachgemessen durch direkte Bodenproben und daraufhin untersucht, wie viele Nährstoffe im Boden vorhanden sind. Darauf bauen wir unsere jährliche Düngung auf, um den Pflanzen die Nährstoffe zukommen zu lassen, die sie auch wirklich brauchen. Unsere Umwelt ist natürlich wichtig und wir Landwirte sind dazu da, sie zu pflegen!“

Viele hoffen auf die Politik – was erwarten Sie von Ihr?

„…dass mehr mit uns gesprochen wird. Wir Landwirte brauchen die Unterstützung der Politik. Beide Seiten müssen mehr zusammenarbeiten statt so viel gegeneinander!“

Und Ihr Wunsch für die Zukunft?

„Ein großer Wunsch von mir ist, dass wir Landwirte endlich aus dem „Buhmann-Kostüm“ schlüpfen dürfen und die Bevölkerung mehr Verständnis und Offenheit uns gegenüber mitbringt. Wir geben uns Tag für Tag, ob Wochenende, Feiertage oder nach schweren Partynächten, so viel Mühe und geben jeden Tag 100%, damit es unseren Tieren gut geht und wir ein tolles Lebensmittel, nämlich die Milch, produzieren können!“