16. Dezember 2016

Ich bin Milchbäuerin und liebe meinen Beruf

Die Milchwirtschaft ist ganz und gar nicht mehr eine reine Männerdomäne

Sylvia van den Boom (27 Jahre) hat eine dreijährige Ausbildung sowie ihre Gesellenjahre in der Milchwirtschaft absolviert. Im Anschluss daran hat sie zwei Jahre die Fachschule in Kleve besucht und nennt sich heute staatlich geprüfte ‚Agrarbetriebswirtin‘. 2013 hat sie zusammen mit ihrem Vater eine GbR gegründet. Ihr Betrieb liegt in Geldern, Pont, wo sie zusammen mit ihren Eltern rund 80 Milchkühe, 80 weibliche Jungtiere und 60 Mastbullen hält. Zusätzlich bewirtschaftet die Familie rund 65 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche. Am größten, so sagt sie, sei die Herausforderung, der Gesellschaft und der Politik gerecht zu werden und dabei noch wirtschaftlich zu arbeiten. Doch ihr Job birgt daneben viele andere positive Seiten, wie die Arbeit in der Natur, auf dem eigenen Hof und mit den Tieren.

Frau van den Boom – warum ausgerechnet Landwirtin?

„Weil mir die Arbeit mit den Tieren immer schon Spaß gemacht hat. Ich finde es super, jeden Tag draußen an der frischen Luft arbeiten zu dürfen. Und außerdem hätte ich es sehr schade gefunden, wenn zu Hause keiner weitergemacht hätte.“

Wie sieht ein normaler Arbeitstag aus?

„Ab sechs Uhr morgens werden die Kühe gemolken, alle Tiere gefüttert und versorgt; vormittags werden alle weiteren Routinearbeiten erledigt. Dazu gehören zum Beispiel das Streuen, Misten, Reparaturen, Klauenschneiden usw. Am Nachmittag kümmere ich mich in der Regel um die Büroarbeiten und um fünf Uhr wird dann wieder gemolken.“

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Das klingt, als wäre das alles eine Kleinigkeit. Gibt es auch etwas, das sie besonders fordert?

Die größte Herausforderung für mich ist es, der Gesellschaft und der Politik gerecht zu werden und dabei noch wirtschaftlich zu arbeiten; Landschaftspflege zu betreiben und qualitativ hochwertige Erzeugnisse zu produzieren.“

Und trotzdem sagen Sie, es sei Ihr „Traumjob“…

„Die Kühe, auch wenn jede Kuh schwarz-weiß ist, haben alle ihren eigenen Charakter. Ich bin gerne für unsere Tiere da, auch wenn mal mitten in der Nacht Geburtshilfe geleistet werden muss.

Wenn weniger Büroarbeit und Auflagen anfallen würden, wäre es definitiv mein Traumjob!“

Der Traumjob einer Frau in einer Männerdomäne…

„Ist das so? Ich finde, es ist heutzutage keine Seltenheit mehr, dass man als Frau auch die Betriebsleitung übernimmt. Meiner Meinung nach wird das Klischee schon lange nicht mehr erfüllt.“

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Wie beurteilen Sie die aktuellen Milchpreis-Entwicklungen?

„Besorgniserregend. Ich darf nicht darüber nachdenken, dass ein Liter Milch weniger als ein Liter Mineralwasser kostet. Es waren zwei krisenreiche Geschäftsjahre, in denen viele Betriebe ihre Produktionskosten nicht decken konnten. Aber ich glaube und hoffe auch, dass die Milch in Zukunft ein nachgefragtes Lebensmittel sein wird – und uns in den kommenden Monaten wieder ein besserer Milchpreis ausgezahlt wird.“

Viele hoffen auf die Politik – Sie auch?

„Ich erwarte zunächst, dass nicht alle Probleme auf dem Rücken der Landwirte ausgetragen werden. Klimawandel und Nitratbelastung haben ihre Ursache nicht nur in der Landwirtschaft. Ich erwarte außerdem einen Abbau der Bürokratie. Die Politik muss sich nicht in den Markt einmischen. Angebot und Nachfrage regeln den Preis schon selbst. Zum Beispiel das Angebot 14 Cent pro Liter Milch auszuzahlen, wenn man weniger melkt – das kommt doch nur den Betrieben zugute, die ohnehin aufhören wollen.“

Wenn Sie an die Zukunft denken – was wünschen Sie sich?

„Dass wir als Familienbetrieb gut von der Landwirtschaft leben können. Und, dass mehr aktive Landwirte in der Politik tätig sind. Nicht zuletzt: Dass sich die Gesellschaft nicht noch weiter von der realen Landwirtschaft entfernt. Manchmal habe ich das Gefühl, dass sich die Verbraucher über den natürlichen Kreislauf der Natur nicht bewusst sind.