Hofreportagen

Betriebsnachfolge „im Dreierpack“

Über die Nachfolge in der Betriebsleitung brauchen sich Monika und Peter Honert im nordrhein-westfälischen Irlenbusch keine Gedanken zu machen: Mit Verena, Katharina und Anna Lena (v.l.n.r.) stehen alle drei Töchter quasi in den Startlöchern!

Was bringt junge Menschen dazu, sich für einen Beruf in der Landwirtschaft zu entscheiden? Und dann auch noch auf einem Milchkuhbetrieb, auf dem die rund 310 Milchkühe jeden Tag morgens und abends jeweils rund 3 Stunden gemolken werden müssen? DIALOG MILCH hat Katharina, mit 21 Jahren die älteste der „Honert Sisters“, besucht und ausführlich nachgefragt.

Das war nie eine Frage!

Die Begeisterung klingt bei jedem Satz mit: Für Katharina war es nie eine Frage, ob Landwirtschaft und Milchkuhhaltung die richtige Richtung sein könnten. „Das war seit jeher klar. Ich war immer mit dabei, und wenn es auf dem Lehrbetrieb Urlaub gab, dann habe ich den immer so genommen, dass ich zu Hause beim Heumachen dabei sein konnte“, erzählt die Junglandwirtin, die im kommenden Sommer die Fachschule zur Staatlich geprüften Agrarwirtin abschließen wird. „Das ging sogar so weit“, erzählt sie lachend, „dass ich früher von der Klassenfahrt nach Hause gefahren bin, bloß um bei der Ernte dabei zu sein.“ Ähnlich geht es auch der 19-jährigen Schwester Anna Lena; auch für sie war schon sehr früh klar, dass Landwirtin der Wunschberuf ist. Verena, mit 14 Jahren die Jüngste in dem „Power-Trio“, zögert noch etwas, könnte sich aber schon jetzt gut vorstellen, in Zukunft die Pensionspferde und die Direktvermarktung in die Hand zu nehmen.


Mit Leib und Seele dabei: Verena, Katharina, Monika, Peter und Anna Lena Honert. (© Frangenberg)

 


Der Honerts Hof im Überblick:

  • Seit über 6 Generationen im Familienbesitz, heute:
    320 ha Grünland (Wiese, Weide, komplett extensiviert)
  • 65 ha Acker (Mais, jeweils Flächentausch)
  • 310 Milchkühe
  • > 200 Jungtiere
  • < 20 Bullenkälber zur Mast
  • Rasse: Schwarz- und Rotbunte Holsteins
  • plus 10 Braunvieh- und 3 Jerseykühe
  • für Mast zum Teil Einkreuzung der Rasse Weißblaue Belgier
  • 4 Familien-Arbeitskräfte, 1 Angestellter

Breit aufgestellter Betrieb

Mit Katharina und ihren zwei Schwestern steht inzwischen schon die sechste Generation der Honerts in den Startlöchern, um nach Beendigung der fundierten landwirtschaftlichen Ausbildung Stück für Stück die Verantwortung für den Familienbetrieb zu übernehmen. Der ist übrigens recht breit aufgestellt: Neben der Milchkuhhaltung gehören Pensionspferde, ein noch recht neues Hühnermobil mit 350 Hühnern und ein kleiner Hofladen zu den Standbeinen. Sowohl in die Erweiterung des Kuhstalls im Jahr 2014 als auch in das Hühnermobil und die Direktvermarktung haben Peter und Monika Honert nur investiert, weil das Interesse der Töchter Katharina und Anna Lena an dem Betrieb unübersehbar war.

Auch für die aktuelle Investition in zwei neue Melkroboter als Ergänzung zu dem bestehenden Doppel-14er Fischgräten-Melkstand haben sich die Honerts entschieden, um die tägliche Melkzeit zu halbieren und den Betrieb für die Töchter zukunftsfähig zu machen. „Inzwischen diskutieren wir über alle Fragen, die den Betrieb, die Tiere, das Futter oder die Zucht betreffen. Dabei fließen natürlich auch die Erfahrungen mit ein, die Anna Lena und ich auf unseren Ausbildungsbetrieben gemacht haben. Wir sind nicht immer einer Meinung, aber die Erfahrungen von außen helfen uns, letztlich zu fundierten Entscheidungen zu kommen“, so Katharina Honert.


Zwei Steckenpferde: Tierzucht und Tierwohl

Die Milchkühe kommen ebenso wie die Jungtiere und die aktuell nicht gemolkenen Tiere – die Trockensteher – von Mai bis Oktober auf die Weideflächen, die zum Teil direkt an das Stallgebäude angrenzen. „Kühe auf der Weide bieten ebenso wie die Hühner neben dem Hühnermobil und unser kleiner Hofladen eine tolle Gelegenheit, um mit Passanten und Kunden ins Gespräch zu kommen. Das hilft – wie auch der Kontakt zu den Besitzern der Pensionspferde –, über Landwirtschaft zu informieren und etwas für das Image der Branche zu tun“, erzählt Katharina, die auch über Facebook in der Öffentlichkeitsarbeit aktiv ist.

Tierwohl spielt für die junge Landwirtin eine besondere Rolle. So erhält die Lieblingskuh Bibi (erste Jersey auf dem Hof), die sie vor einigen Jahren als Kalb mit ihrem Freund in der Nähe von Heinsberg gekauft hat, heute ihr Gnadenbrot auf dem Betrieb, obwohl die Milchleistung nach einer schweren Erkrankung von Bibi vor zwei Jahren nur noch sehr gering ist. „Mir ist es wichtig, dass es den Tieren rundum gut geht und dass sie optimal betreut werden. Da ist es egal, dass Bibi kaum noch Milch gibt. Da muss mein Vater bei dieser Kuh durch“, schmunzelt Katharina.

Auch bei der Zucht setzt die junge Landwirtin bewusst auf Einkreuzungen, die nicht nur die Inhaltsstoffe der Milch verbessern, sondern insbesondere auch auf eine lange Lebensdauer der Kühe und eine hohe Lebensleistung abzielen. Um ihre Ziele bei der Zucht bestmöglich erreichen zu können, hat sie extra einen Zusatzlehrgang zur Eigenbestandsbesamung absolviert und sorgt heute mit viel Sachverstand und mit Unterstützung durch BAP (Bullenanpaarungsprogramm) der Rinder Union West (RUW) für die gewünschten Ergebnisse.


Steckbrief Katharina Honert

  • Ausbildung: Nach der Schule landwirtschaftliche Lehre, jeweils ein Jahr auf drei Fremdbetrieben, das Gesellenjahr auf dem elterlichen Hof,
  • seit Sommer 2020 Besuch der Fachschule für Agrarwirtschaft in Köln Auweiler, zusätzlich Lehrgang zur Eigenbestandsbesamung während des 3. Lehrjahrs
  • Sonstiges: Begeistert von Tierwohl und Technik, ebenso gerne im Stall wie auf dem Traktor
  • Geplante Betriebsübernahme:
  • Als GbR mit beiden Schwestern, fließender Übergang ab 2026


Viel Optimismus, aber auch ein paar Sorgenfalten …

Für Katharina Honert ist Landwirtin Beruf und Berufung zugleich. „Es ist eine so vielfältige Tätigkeit. Ich liebe die Arbeit mit Tieren und ich liebe die Arbeit an der frischen Luft.“ So hat auch ihre Technikbegeisterung dazu beigetragen, dass die Traktoren für möglichst exaktes Arbeiten mit GPS ausgestattet wurden und mit dem Spaltenreinigungsroboter und dem Futterschieber heute zwei automatische Helfer im Stall aktiv sind. „Ich freue mich darauf, in ein paar Jahren mit meinen Schwestern die Verantwortung für den Betrieb übernehmen zu können. Wir ergänzen uns gut, müssen manchmal aber auch kräftig diskutieren, um den besten Weg zu finden. Wir wünschen uns auf jeden Fall, den Betrieb so gesund und gut aufgestellt an die nächste Generation weitergeben zu können, wie es unsere Eltern geschafft haben“, hofft Katharina.

Allerdings gehen die Schwestern die betriebliche Zukunft keinesfalls blauäugig an. „Es macht uns schon Kummer, dass der bürokratische Aufwand immer größer wird. Das frisst im Alltag enorm viel Zeit und wird immer komplizierter. Wir wissen auch, dass wir immer wieder auf die Menschen im Ort zugehen und das, was wir tun, offen kommunizieren müssen. Wir hoffen aber, dass das Hühnermobil und der Hofladen uns dabei auch weiterhin helfen werden“, so Katharina.

Natürlich bleibt auch die Frage, ob es in Zukunft noch gelingen wird, interessierte und engagierte Mitarbeiter zu finden. „Meine Schwestern und ich blicken optimistisch in die Zukunft. Dazu gehört aber auch die Hoffnung, dass wir mehr Verständnis und Wertschätzung in der Gesellschaft und insbesondere im Einzelhandel finden, dass unsere Arbeit fair bezahlt wird – und dass die stetig steigenden bürokratischen Auflagen nicht noch mehr Betriebe dazu zwingen, aufzugeben“, so die Junglandwirtin.


Zeitenwandel …

Der inzwischen fast 85-jährige Großvater von Katharina lässt es sich nicht nehmen, die Kälber täglich mit frischem Heu zu versorgen. Mit Blick auf den heutigen Honerts Hof sagt er aber kopfschüttelnd: „Früher konnte eine ganze Familie von 6 Kühen leben …“