Der „Duft“, der nach der Ausbringung von Gülle früher oft tagelang in der Luft lag, hatte unter Verbraucherinnen und Verbrauchern nicht viele Freunde. Allerdings haben sich Intensität und Dauer dieses ländlichen Aromas in den letzten Jahren deutlich abgeschwächt. Sperrfristen für die Ausbringung, Höchstmengen, bodennahe Ausbringung und die Pflicht zur zeitnahen Einarbeitung auf unbewachsenem Boden haben dazu maßgeblich beigetragen.
Was ist Gülle?
Gülle ist eine zähflüssige Mischung aus Kot und Harn von Schweinen und Rindern, die z. B. auch Strohreste enthält. Demgegenüber besteht die flüssige Jauche nur aus Harn und der feste Stallmist aus Kot, Harn und deutlich mehr Stroh. Der Geruch von Gülle resultiert daraus, dass im Wesentlichen vier Gase freigesetzt werden: Kohlenstoffdioxid, Methan, Ammoniak und Schwefelwasserstoff.
Wertvoller organischer Dünger
Sie ist ein wertvoller organischer Dünger, dessen Einsatz durch die Düngeverordnung geregelt wird. Diese gibt u. a. Höchstmengen und Sperrfristen für die Ausbringung vor. So gilt der 31. Januar als „Güllesilvester“, denn ab dann – rechtzeitig vor dem Wachstumsbeginn der Pflanzen im Frühjahr – darf Gülle wieder gedüngt werden, allerdings nicht auf gefrorenen oder schneebedeckten Böden. Vereinfacht ausgedrückt darf nur so viel Gülle ausgebracht werden, wie die Pflanzen an Nährstoffen aufnehmen können.
Über den Spaltenboden gelangt die Gülle in den Güllekanal und dann in den Güllekeller bzw. Güllebehälter (© agro-kontakt)
Die bodennahe Ausbringung bzw. die zeitnahe Einarbeitung auf unbewachsenem Ackerland sind gesetzlich geregelt. (© Basti Bützler)
Nährstoffe im Kreislauf halten!
Egal ob Gülle direkt aus dem Güllelager oder über den Zwischenschritt einer Biogasanlage ausgebracht wird: Damit gelangen Nährstoffe zurück auf das Feld, die zuvor mit Ernteprodukten von dort abgefahren wurden. Das ist allerdings eine vereinfachte Darstellung: Nährstoffe, die etwa in Weizen oder Kartoffeln für den menschlichen Verzehr enthalten sind, kommen nicht mit der Gülle zurück. Schließlich gehört auch im Ausland erzeugtes Soja als Eiweißträger noch zum Teil zu Futterrationen, dies ist allerdings rückläufig. Damit geht es also nicht immer darum, Kreisläufe innerhalb eines landwirtschaftlichen Betriebs zu schließen. Ziel ist vielmehr, die Nährstoffe – die etwa im Fall von Phosphor weltweit nur begrenzt verfügbar sind – überhaupt im Nutzungskreislauf zu halten.
Dünge-„Wert“
In den vergangenen Jahren wurde Gülle von reinen Ackerbaubetrieben oft nicht gerne oder nur gegen eine Kostenbeteiligung aufgenommen. Das hat sich geändert: Dafür sorgen auch die infolge des Ukrainekriegs massiv gestiegenen Rohstoff-, Gas- und damit Stickstoffpreise.[1] In der Folge hat Gülle laut den Nachrichten der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft heute einen Nährstoffwert von etwa 10 €/m3.
Damit rückt auch die Nährstoffeffizienz wieder in den Blick: Stickstoff, der mit der Gülle ausgebracht wird und dann ungenutzt ins Grundwasser versickert oder gasförmig als Ammoniak in die Luft entweicht, ist verlorenes Kapital. Und: Der Wert der Gülle hängt nicht nur vom Stickstoffgehalt ab – auch Phosphor, Kalium, Magnesium, Schwefel und wichtige Mikronährstoffe gelangen mit der Gülle zurück aufs Feld. Sie ersetzt damit mineralische Nährstoffe, die sonst unter hohem Energieaufwand hergestellt oder gefördert werden müssten.
Knackpunkt Nährstoffverfügbarkeit
Kurz gesagt: Einen Knackpunkt hat der Einsatz organischer Dünger – die Nährstoffverfügbarkeit. Nur ein Teil der Nährstoffe ist nämlich direkt pflanzenverfügbar, während der andere, in organischen Bindungen vorliegende Teil erst von Mikroorganismen im Boden umgesetzt und verfügbar gemacht werden muss. Vereinfacht bedeutet das: Der Nährstoff wurde dann zwar ausgebracht, ist aber zum Teil von den Pflanzen nicht oder erst verzögert nutzbar. Auch das müssen Betriebsleiter bei ihrer Düngeplanung berücksichtigen.
Lagerraum für das „schwarze Gold“ – der Güllebehälter (© agro-kontakt)
(Hinweis für Interessierte: Ein Überblick zu den komplexen Regelungen der Düngeverordnung findet sich u. a. bei der Landwirtschaftskammer NRW.[2])
Fazit
Gülle ist viel besser als ihr Ruf. Sie verlangt von Landwirten viel Fachwissen, genaues Rechnen und Dokumentieren, penibles Einhalten aller rechtlichen Vorgaben – und manchmal auch einfach die unkomplizierte Information betroffener Anwohner etwa über eine WhatsApp-Gruppe. So funktioniert Nachbarschaft und niemand hängt am Tag der Gülleausbringung seine frisch gewaschene Bettwäsche im Garten auf die Leine.
Der früher übliche Misthaufen wurde u. a. aus arbeitswirtschaftlichen Gründen von der Gülle abgelöst (Quelle: Anja auf Pixabay)
[2]https://www.landwirtschaftskammer.de/landwirtschaft/ackerbau/duengung/duengeverordnung/duev-2020.htm