Kühe seien wegen ihres Methan-Ausstoßes in Verruf gekommen, berichtete der Sender ntv im September 2019, denn „sie erzeugen das klimaschädliche Gas beim Verdauen“. Laut dem Beitrag setzt eine Kuh in Weidehaltung pro Tag rund 280 Gramm Methan frei, wobei nur ein kleiner Teil über das Pupsen und 96 Prozent über das Rülpsen an die Umwelt abgegeben würden. „Etwa 20 Prozent der von Menschen verursachten Erderwärmung gehen auf Methan zurück“, so ntv weiter. Als ein Grund dafür gilt, dass Methan – je nach Quelle – als 21 bis 28 Mal so schädlich für das Klima angesehen wird wie CO2.
Laut den Daten & Fakten zum Thünen Report 77 ist Methan (CH4) aus der tierischen Verdauung für 39,4 Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Emissionen verantwortlich. Das klingt schon nach einer ernstzunehmenden Menge. Allerdings ist eine Einordnung dieser Zahl notwendig. Laut DBV Faktencheck machen die gesamten Methanemissionen in Deutschland insgesamt einen Anteil von 6,1 % der gesamten Treibhausgas-Emissionen aus. Das Methan aus der Tierhaltung – das bei einem natürlichen Prozess bei der Verdauung der Wiederkäuer entsteht – trägt nur mit 2,8 % zu dem gesamten Treibhausgas-Effekt bei.“ Das relativiert das „Klima-Kill-Potenzial“ der Kühe bereits deutlich.
Zur Einordnung ist weiterhin wichtig, dass die Landwirtschaft laut den Daten des Umweltbundesamts im Jahr 2018 mit insgesamt 8 % zu den gesamten deutschen Emissionen von Treibhausgasen (THG) beigetragen hat. Zum Vergleich: „Fast 88 % der gesamten Emissionen von Treibhausgasen entfallen auf CO2. Diese Emissionen stammen zu über 80 % aus dem Energiebereich“, so ein Beitrag in top agrar.
Und noch ein Aspekt relativiert die heutige Rolle der Landwirtschaft im Hinblick auf die Emission von THG: Berücksichtigt werden sollte nämlich auch, dass die wild lebenden Huftiere immer Methan ausgestoßen haben. Das gilt sowohl für die Abermillionen von Bisons und Elchen, Gazellen und Antilopen sowie Elefanten, die früher in Amerika bzw. Afrika und Asien gelebt haben, als auch für all diese Tiere, die heute noch wild leben.
Und dennoch:
Auch wenn die Beiträge der Landwirtschaft zu den Methanemissionen beileibe nicht zu den größten Klima-Problemen hierzulande gehören, müssen die Anstrengungen zur Verminderung der Emissionen auch in der Landwirtschaft weitergehen. Die Frage ist nur: Wie? Lässt sich die Umweltwirkung gegebenenfalls durch eine extensivere Milchviehhaltung, wie im Ökolandbau, oder eher durch eine intensivere Milchviehhaltung mit hohen Milchleistungen pro Kuh reduzieren?
Mit dieser Frage hat sich 2013 eine wissenschaftliche Tagung am Thünen Institut befasst. Ein Kernergebnis lässt sich wie folgt zusammenfassen: „Innerhalb (…) eines Milchviehbetriebs scheint der Zusammenhang zwischen Milchleistung und Höhe der THG-Emissionen eindeutig. Mit steigender Milchleistung sinkt die je Kilogramm Milch anzusetzende Menge an THG.“ (S. 28)
Signifikante Unterschiede zwischen den Bewirtschaftungsformen ließen sich allerdings nicht nachweisen. Damit gilt die Empfehlung, eingesetzte Futtermittel möglichst effizient zu nutzen, d. h. damit einen möglichst hohen Milchertrag zu erwirtschaften, für konventionell wie biologisch wirtschaftende Betriebe gleichermaßen.
Fazit: Egal ob ökologisch oder konventionell – der Ausstoß des Treibhausgases Methan lässt sich bei Wiederkäuern wie Milchkühen nicht vermeiden. Das Ausmaß davon entlarvt jedoch Bezeichnungen wie „Klimasünder“ oder Klimakiller“ für Milchkühe als das, was sie sind: reißerische Schlagworte mit wenig Informationswert.
Die Milchwirtschaft kann aber noch besser werden. Wie das in Zukunft gelingen kann, wird DIALOG MILCH in einem der kommenden Beiträge aufgreifen.
Infos aus dem Video „Kühe, Milch und Klima“ von Prof. Dr. Peer Ederer
Hätten Sie gewusst, dass
- heute auf allen Kontinenten insgesamt rund 280 Millionen Milchkühe gehalten werden,
- aus 20.000 kg Kuhfutter etwa 10.000 kg Milch werden und die Milchproduktion damit eine der effizientesten Methoden der Lebensmittelherstellung ist,
- eine Milchkuh in Deutschland pro Jahr rund 120 kg Methan (CH4) ausstößt,
- Teile des ausgestoßenen Methans sehr zeitnah von Mikroorganismen im Boden abgebaut werden und
- selbst das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC, Bericht vom August 2019) auf Basis der heutigen Erkenntnisse zu dem Schluss kommt, dass aus Klimaschutzgründen keine leichtfertige Reduzierung der Huftierbestände empfohlen werden könne?
[1] Tagesschau, Dezember 2009
[2] Wirtschaftswoche, März 2017
[3] ZDF, November 2018