Hofreportagen Tierhaltung Nachhaltigkeit

Betrieb Graff in Simmerath: Regionale Nährstoffkreisläufe par excellence

Milchwirtschaft steht für regionale Nährstoffkreisläufe.

Der Betrieb Graff zeigt, warum das Sinn macht.

 

Gülle und Festmist von 210 meist schwarzbunten Milchkühen und deren Nachzucht sowie Nebenprodukte und Speisereste aus Gastronomie und Lebensmittelbetrieben der Region: Damit erzeugen die Betriebe der Familie Graff nicht nur viel Strom, sondern schaffen auch mustergültige regionale Nährstoffkreisläufe.

Beim Rundgang über die Weide bringt Michael Graff, der mit Bruder Mirko den Betrieb inzwischen in vierter Generation führt, den Kreislaufgedanken auf den Punkt: „Die Kühe fressen Gras, frisch hier auf der Weide oder als Grassilage und Heu im Stall. Daraus werden Milch und Fleisch, die unseren Betrieb verlassen – mit den darin enthaltenen Nährstoffen. Ein Teil der Nährstoffe bleibt aber auch direkt in Form von Gülle und Festmist hier vor Ort – und wird von uns in der Biogasanlage genutzt, um Strom zu erzeugen“, erläutert der Landwirt.

Landwirt Michael Graff aus Simmerath.

LKW beliefert Biogasanlage

„Zusätzlich holen wir Nährstoffe im Umkreis von ca. 100 Kilometern um den Betrieb zurück; dazu sammeln wir Speisereste und die Inhalte aus Fettabscheidern aus Gastronomie und Lebensmittelbetrieben. Diese Stoffe werden keimfrei gemacht (durch Erhitzen hygienisiert) und dann ebenfalls in die Biogasanlage gegeben. Das dort von Mikroorganismen gebildete Methan treibt Zündstrahlmotoren an, mit denen wir Strom erzeugen. Übrig bleibt ein Gärsubstrat, in dem wichtige Nährstoffe wie Stickstoff, Kalium und Phosphor verbleiben – und dann wieder als Dünger auf unser Grünland gelangen. Dieser Nährstoffkreislauf funktioniert so gut, dass wir keine mineralischen Dünger benötigen“, berichtet Michael Graff. 

Der Hof der Familie Graff aus der Luft - links vom Stall die Biogasanlage.

 

Milch und (viel) mehr …

Der 1928 von Michaels und Mirkos Urgroßvater Albert Graff erstmals gepachtete Betrieb wurde 1968 von Großvater Arnold erworben. Im Jahre 1996 erhielt dann unter der Leitung von Manfred Graff der erste Melkroboter Deutschlands Einzug und 2002 baute er die Biogasanlage. Der Vater der beiden heutigen Betriebsleiter legte somit den Grundstein für die äußerst effiziente Nutzung der betrieblichen Nährstoffkreisläufe im Sinne der Kreislaufwirtschaft und war sich stets bewusst, dass eine dauerhafte Bewirtschaftung des landwirtschaftlichen und des eigenständigen Energiebetriebs nur möglich sein würde, wenn Ökologie und Ökonomie im Umgang mit den eingesetzten Ressourcen in Einklang gebracht werden. Der Strukturwandel hat sich auch hier deutlich bemerkbar gemacht: Wo früher fünf Betriebe ansässig waren, sind es heute noch zwei, und die Familie Graff hatte das Glück, bei der Übernahme der Nachbarbetriebe und seither mit drei Familien zusammenarbeiten zu können.

Zum Betrieb gehören heute 192 Hektar eigenes und gepachtetes Dauergrünland, auf dem das Futter für die Tiere wächst. Die Milchleistung liegt bei 9500 Kilogramm pro Kuh und Jahr; im Verlauf von 12 Monaten gelangen so rund 2,0 Mio. kg Milch vom Betrieb zu der Molkerei im knapp 70 Kilometer entfernten Pronsfeld – und von dort in Form vielfältiger Milchprodukte in die Haushalte.

3,3 Mio. Kilowattstunden werden pro Jahr ins Stromnetz eingespeist

Gleichzeitig entstehen aus dem Methan, das von den Mikroorganismen in der Biogasanlage aus Gülle, Festmist und den gesammelten Lebensmittelrückständen gebildet wird, pro Jahr rund 3,3 Mio. Kilowattstunden Strom, die ins Stromnetz eingespeist werden. Damit können rund 1300 durchschnittliche Zweipersonenhaushalte ein Jahr lang versorgt werden. Auch der Eigenbedarf an Strom sowie der Heiz- und Warmwasserbedarf des Betriebs werden komplett über die Biogasanlage abgedeckt.

Wetter, Timing – und Akzeptanz …

Mit Blick auf das Grünland macht Michael Graff noch auf weitere Punkte aufmerksam: „Gute Grassilage ist die Basis für gute Tiergesundheit und damit für den dauerhaften Erfolg des Betriebs. Wir ernten auf dem Grünland vier- bis fünfmal pro Jahr. Dabei sind wir natürlich sehr stark vom Wetter, also von ausreichenden, aber nicht zu hohen Niederschlägen und der Befahrbarkeit des Bodens, abhängig. Wir bereiten das Futter sehr schonend auf und verzichten möglichst darauf, das gemähte Erntegut zu wenden, um Bröckelverluste durch die mechanische Bearbeitung zu vermeiden. Im Optimalfall liegen zwischen Mahd und Einfahren gerade einmal 8 bis 12 Stunden. Da ist dann schonmal etwas ‚Druck auf dem Kessel‘, dass alles reibungslos klappt“, schmunzelt der Landwirt. Ganz wichtig ist der Familie die Akzeptanz und Anerkennung durch die Menschen in der Region. Dazu Michael Graff: „Landwirtschaft muss im Einklang mit dem Tier, der Natur und der Bevölkerung erfolgen; nur so kann sie dauerhaft gelingen. Wir erleben eine sehr hohe Akzeptanz unseres Betriebs in der Bevölkerung – und verstehen das auch als Voraussetzung für das weitere Bestehen und Wirtschaften.

Natürliche Energie

Was in einer Biogasanlage abläuft, ist nicht unmittelbar ersichtlich. Michael Graff hat deshalb eine eingängige Erklärung parat: „Wir kennen das alle von Schwarzbrot – das wird süßlich, wenn man nur lange genug darauf kaut. Das passiert, weil dabei langkettige Stärke in kürzere Bausteine – in dem Fall Zucker – zerteilt wird. Ganz ähnlich machen das die Mikroorganismen in der Biogasanlage; auch sie zerteilen – zersetzen – das organische Material und bilden aus dem dabei freigesetzten Kohlenstoff dann CH4, das Methan.“

 

 


Rund 100 Tage bleiben die zugeführten Stoffe in der Biogasanlage, dann ist das Material soweit zersetzt, dass kaum noch weiteres Methan gebildet wird. „Die gesamte Energieausbeute ist schon beachtlich“, erläutert Michael Graff abschließend mit ein paar Eckdaten: „Ein Kubikmeter Substrat ergibt etwa 70 Kubikmeter Gas, und mit einem Kubikmeter Gas können wir etwa 2,3 Kilowattstunden Strom erzeugen. Dank der Hinterlassenschaften der Kühe, der Speisereste und der unermüdlichen Arbeit der Mikroorganismen können wir pro Jahr rund 3,3 Mio. Kilowattstunden in das Stromnetz einspeisen.“