Hofreportagen Tierhaltung

Grasernte auf dem Grünland: So entsteht Futter für Milchkühe

Die Grasernte sorgt für gutes Futter für Milchkühe

Kathi Honert erklärt, warum der Zeitpunkt wichtig ist

Ist es Euch aufgefallen? In diesem Jahr sind viele landwirtschaftliche Betriebe früher als sonst mit der Grasernte beschäftigt. Dass es gar nicht so einfach ist, wirklich gutes Grünfutter zu ernten und es haltbar zu machen, und was das mit Kreislaufwirtschaft zu tun hat, lest Ihr hier.

Wildtierschutz: Vor dem Schnitt wird kontrolliert

Früher zu Fuß, heute oft per Drohne mit Wärmebildkamera: Bevor Wiesen oder Feldgrasbestände, die als Futter geerntet werden sollen, gemäht werden, steht eine Kontrolle an: Sind auf den Flächen junge Wildtiere versteckt? Werden dabei etwa Rehkitze entdeckt, dann folgt deren „Evakuierung“. Dabei darf das Rehkitz nicht mit der bloßen Hand angefasst werden, damit es wegen des fremden Geruchs nicht von der Ricke, der Mutter des Rehkitzes, verstoßen wird.

 

Auf den Zeitpunkt kommt es an

Beim Schnitt selbst zählen Aufwuchs und Witterungsbedingungen. Aufgrund des kurzzeitig sehr warmen Wetters Mitte April wurde in diesem Jahr mancherorts etwa zwei Wochen früher gemäht als sonst. Das war auch deshalb möglich, weil das feucht-kalte Wetter im vergangenen Herbst zum Teil den letzten Schnitt verhindert hatte; der Aufwuchs ist also schon üppig in den Winter gegangen. Wenn Gras für die Einlagerung als Winterfutter gemäht werden soll, muss das Wetter mitspielen: Trocken-warme Bedingungen über mehrere Tage sind optimal, damit das frische Schnittgut antrocknen kann und dann im Silo lagerfähig ist.

Achtung bei der Schnitthöhe

Da in diesem Jahr zum Teil üppig überwinternde Grasbestände gemäht wurden, haben viele Betriebe etwas höher gemäht: Gut 8 cm über dem Boden setzen die Mähwerke dann an. Damit wird einerseits verhindert, dass das Futter etwa über Erdklumpen verunreinigt wird, andererseits wird so auch schneller ein neuer Austrieb mit einem entsprechend früheren zweiten Schnitt möglich.

Fast wie beim Friseur: schneiden, legen, antrocknen lassen …

Was nach Friseur klingt, gehört auch zum Einfahren von Gras dazu: Auf den Schnitt folgen nämlich das richtige Legen, Wenden und Antrocknen. Wenn die Sonne mitspielt, hat das frische Mähgut binnen zwei Tagen so viel Feuchtigkeit verloren, dass der Trockensubstanzgehalt des Grases bei 30 bis 40 % liegt – und so die Restfeuchte für die Einlagerung optimal ist.

Schnipp, schnipp – nun kommt der Häcksler

Kennt Ihr den Rechen vom Laubharken aus dem Garten? Ganz ähnlich funktionieren die „Schwader“, mit denen das nun angetrocknete Mähgut schonend in Reihen, den sogenannten Schwaden, zusammengerecht wird. Das Gras ist allerdings immer noch so lang, wie der Aufwuchs vorher hoch war. Um daraus später ein hochwertiges, leicht verdauliches Futter zu erhalten, muss die Graslänge gekürzt (= gehäckselt) werden. Dazu kommen Häcksler zum Einsatz. Egal ob mittels Ladewagen mit Häckslermessern oder selbstfahrenden Häckslern – das Gras wird im Optimalfall auf eine Länge von 3 bis 4 cm gehäckselt und dann zu den sogenannten Fahrsilos (i.d.R. betonierte Lagerfläche für das Futter) transportiert.

Grassilage: Luftdicht verpackt und haltbar gemacht

Der nächste Schritt, das sogenannte Einsilieren, funktioniert so: Im Fahrsilo wird das gehäckselte Gras verteilt und mit schweren Maschinen, die mehrfach darüber hin und her fahren, so zusammengepresst, dass möglichst keine Luft mehr darin verbleibt. Zusätzlich werden im Silo Silierhilfsmittel verteilt. Das sind vor allem Milchsäurebakterien, die während der Lagerungszeit für den richtigen Gärverlauf – für die richtige Konservierung – sorgen. Während die von den Milchsäurebakterien gebildete Milchsäure zur Konservierung des Futters beiträgt und für einen angenehm würzigen Geruch und den hohen Futterwert einer guten Gras- oder Maissilage sorgt, führt eine Fehlgärung, etwa durch Verunreinigungen (z. B. mit Erde), zur Bildung von Buttersäure. Und das „müffelt“ nicht nur heftig, sondern sorgt auch für deutlich geringere Qualität und Schmackhaftigkeit des Futters und damit für einen entsprechend geringeren Futterwert. Wenn das Silo voll und fertig verdichtet ist, fehlt nur noch eine Plane, mit der ein luftdichter Abschluss gewährleistet wird.

„Rasenmähen in groß“ – und noch viel mehr …

Bei der Fütterung im Winter zeigt sich dann, was die ganze Mühe gebracht hat. Riecht die Silage gut? Zeigt die Analyse der Inhaltsstoffe die gewünschte Qualität und den optimalen Energiegehalt? Jeder Liter Milch, den die Kühe aus dem betriebseigenen Grundfutter erzeugen, bedeutet nicht nur eine Bestätigung der guten Arbeit der Landwirtinnen und Landwirte, sondern auch einen Beitrag zur Nachhaltigkeit und bares Geld. Und die Geschichte vom „Rasenmähen in groß“ hört da noch nicht auf: So, wie die Milchkühe die Nährstoffe aus dem Futter brauchen, braucht auch das Futter selbst – also das Gras – Nährstoffe, um wachsen zu können. Und die liefern wiederum die Kühe: Ob bei der Beweidung von Flächen, auf denen die Kuhfladen direkt verbleiben und für Düngung sorgen, oder bei Wiesen, die mit Gülle (Kot und Urin der Kühe, die im Stall gehalten werden) gedüngt und dann gemäht werden: Besser lassen sich landwirtschaftliche Nährstoffkreisläufe kaum umsetzen …


 

„Wir haben das erste warme Wochenende genutzt, um den ersten Schnitt einzufahren.“ Kathi Honert, Landwirtin aus Rheinbach in NRW

 


Durch das feucht-kalte Wetter im Herbst war in diesem Jahr auf vielen Grünland-Flächen das Gras bereits sehr gut gewachsen. Am ersten warmen Wochenende Mitte April startete deshalb auch auf dem Honertshof in Rheinbach in NRW zwei Wochen früher als im vergangenen Jahr die Grünlandernte. Wie das funktioniert und was zu beachten ist, erklärt Landwirtin Kathi Honert auf dem Instagram-Kanal @dialogmilch